Zum siebten Mal in Folge fand am 14. November 2013 in Hannover der World Usability Day statt.
Im Clubraum des Restaurants Spago folgten fast 50 Usability-Interessierte der Einladung von usability.de, um den weltweit stattfindenden Tag für Benutzerfreundlichkeit auch in der Landeshauptstadt zu feiern. Im Zentrum des Abends standen vier Impulsvorträge zu den Themen Flat Design, Mobile Online-Umfragen, Prototyping und Gestensteuerung. Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch Torsten Bartel – stellvertretend für die UPA Regionalgruppe Hannover und usability.de – folgte unmittelbar der erste Vortrag.
Flat Design
„Was genau ist Flat Design?“ und „Braucht man das?“ Diesen beiden Fragen widmete sich im ersten Vortrag Anita Stein, User Experience Consultant bei usability.de. Anhand von Beispielen aus dem Web zeigte Anita zunächst, was genau Flat Design ist und kam dann zu der wesentlichen Frage: Worin liegen Vor- und Nachteile dieser Stilrichtung? Flat Design reduziert auf das Wesentliche und Inhalte stehen wieder klar im Vordergrund. Dieser Vorteil, verbunden mit einem von vielen Nutzern als ästhetisch ansprechend empfundenen Design, steht aber auch einigen gravierenden Problemen gegenüber: Zum einen leidet die Benutzerfreundlichkeit bspw. dadurch, dass Buttons nicht mehr so eindeutig zu erkennen sind. Das führt mitunter dazu, dass Windows-Nutzer nicht mehr in der Lage sind, die Einstellungen ihres Betriebssystems zu verändern. Zum anderen verlange gerade die starke Reduktion von User Interface Elementen viel mehr Usability-Fachwissen von Designern als früher. Gestaltgesetze und anderes Hintergrundwissen aus der Wahrnehmungspsychologie seien wieder viel mehr gefordert, so einer der interessanten Denkanstöße aus diesem ersten Vortrag.
User Experience in mobilen Online-Umfragen
Saskia Niemann, Studentin der Informationswissenschaften an der Universität Hildesheim, stellte spannende Ergebnisse aus ihrer Forschung zum Thema Online-Umfragen im mobilen Kontext vor. Sie interessierte bei ihrer Untersuchung vor allem, inwieweit man eine veränderte Art der Interaktion im mobilen Kontext einsetzen kann um Nutzer zu motivieren. „Nutzer wollen auf dem Handy keine langen Antworten über die Tastatur eingeben oder kleine Radiobuttons mit dem Finger antippen“, so ein Ergebnis der Untersuchung. Saskia zeigte anhand eines Prototypen, den sie für eine mobile Online-Umfrage im E-Commerce umgesetzt und mit Nutzern getestet hat: Angaben zur Zufriedenheit über Slider eingeben zu können oder einen Daumen hoch in einen Daumen runter zu verändern mache den Nutzern viel mehr Spaß. Dies führe, kombiniert mit weiteren Aspekten, die es zu beachten gilt, zu einer höheren User Experience. „Normalerweise mag ich keine Online-Umfragen, aber die hat echt Spaß gemacht“, zitierte Saskia so auch eine Teilnehmerin aus ihrem Usability-Test.
Die WUD-Besucher tauschten sich mit der Expertin für mobile Online-Umfragen in der anschließenden lebhaften Diskussion noch darüber aus, welche Rolle die Fortschrittsanzeige auf dem mobilen Endgerät spielt und welche Erkenntnisse nicht ebenso auf dem Desktopbildschirm für mehr User Experience sorgen können.
Pause – Austausch
In der Pause stärkten sich die über 40 Teilnehmer aus Wissenschaft und Praxis mit Canapés vom Buffet. Diskussionen wurden vertieft und oft wurde auch einfach einmal die Gelegenheit genutzt, sich mit Kollegen aus anderen Hannoveraner Agenturen oder Unternehmen über ihren Umgang mit dem Thema Usability auszutauschen. Am Eye Tracker konnten Interessierte ausprobieren, wie per Blickverlauf Anwendungen und Spiele gesteuert werden können.
Cross Device Prototyping
Johannes Baeck, User Experience Designer bei usability.de, griff in seinem Impulsvortrag das Thema Prototyping auf: „Welchen Mehrwert bietet uns die Arbeit mit ganz unterschiedlichen Prototypen vor allem in Hinblick auf einen geräteübergreifenden Entwicklungsprozess?“ Johannes griff dabei unter anderem die Idee von Scott Klemmer auf, Prototypen als ein Frageinstrument zu verstehen. Egal ob erste Papierskizzen oder ein in Funktion und visueller Ausgestaltung bereits sehr detaillierter Prototyp: Es entsteht durch Prototyping immer eine unaufwendige Möglichkeit, schon sehr früh wichtige Fragen an Projektbeteiligte und Nutzer stellen zu können, so zum Beispiel: „Funktioniert der Ansatz, den wir uns hier überlegt haben, wirklich geräteübergreifend?“, oder „Wie fühlt Sich diese Idee für Sie als Nutzer an?“ Im Vortrag stellte Johannes außerdem verschiedene Formen von Prototypen vor und demonstrierte einige Tools, die insbesondere für die geräteübergreifende Konzeption vielversprechend wirken.
In der Diskussion im Anschluss wurden u.a. weitere Prototyping Tools hinsichtlich Vor- und Nachteilen besprochen. Auch die Frage nach dem (scheinbaren?) Mehraufwand durch Prototyping wurde diskutiert.
Gestensteuerung
Zum Abschluss der Vorträge stellte Viktor Schanz, Student der Informationswissenschaften an der Universität Hildesheim, Ergebnisse seiner Untersuchung zu Gestensteuerung vor. Auf die Idee zu seiner Forschungsarbeit kam Viktor, als er bei seiner Mutter beobachtete, wie sie – aus seiner Sicht unkonventionell – Apps auf dem iPad schloss. In seiner Studie untersuchte Viktor schließlich, wie leicht die Bearbeitung bestimmter Anwendungsszenarien mittels Gesten auf mobilen Endgeräten für Nutzer aus zwei unterschiedlichen Altersgruppen (18-25 und über 60) mit unterschiedlichem Vorwissen fällt. Ausgestattet mit einer mobilen Testumgebung im Rucksack testete er unter anderem, wie leicht bzw. schwer den Benutzern das Vergrößern eines Kartenausschnitts mit zwei Fingern (Pinch-to-zoom) fiel und wie den Benutzern das Einfügen eines Elements auf einer Einkaufsliste gelingt. Interessantes Ergebnis: Die Unterschiede zwischen den zwei Gruppen, die sich nur in der Vorerfahrung mit mobilen Endgeräten unterschieden, waren nicht so deutlich wie die Unterschiede bei den beiden Altersgruppen (18-25 und über 60).
Es scheint, so Viktor, dass das größte Problem nicht die Ausführung der verschiedenen Gesten ist, sondern dass immer noch vielen Nutzern nicht alle Möglichkeiten zur Interaktion mit Gesten bekannt sind. Hinzu kommt, dass sich die Steuerung von Gerät zu Gerät bzw. App zu App stark unterscheidet und eine Erlernbarkeit durch die Nutzer dadurch erschwert wird.
Im Anschluss an die Vorträge ließen die Usability-Interessierten den Abend noch gemütlich ausklingen.
Wir bedanken uns bei allen Besuchern, Vortragenden und Helfern für einen gelungenen Tag und freuen uns schon auf den World Usability Day 2014 und bis dahin über die Fortsetzung der Gespräche bei einem der nächsten UX-Stammtische.
Download der Vorträge und weitere Informationen
- Anita Stein: Flatdesign
- Saskia Niemann: Umfragen auf mobilen Geräten – Können Sie eigentlich Spaß machen?
- Johannes Baeck: Cross-Device Prototyping: Mit den richtigen Fragen zu den wichtigen Antworten
- Viktor Schanz: Einfluss von Alter und Nutzungserfahrung auf die Akzeptanz und Intuition bei der Verwendung von Gestensteuerung in mobilen Applikationen